KA-NEWS-Bericht

Posted on August 6th, 2012

KA-News Bericht vom 04.08.2010

Einst anrüchig, heute salonfähig – das Pfandleihgewerbe [0]
Karlsruhe (trs) – Huren, Zigeuner, Betrüger – im Bild des mittelalterlichen Pfandleihhauses ist nicht nur das Klientel anrüchig. Die Betreiber sehen aus wie schmierige Abzocker, denen man nicht über den Weg trauen kann, die Räumlichkeiten sind dunkel und mysteriös, es herrscht eine unheilvolle Atmosphäre. ka-news hat deshalb nachgeschaut, ob sich Image und Beruf des Pfandleihers verändert haben.
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Das Pfandleihhaus-KA.
Foto: ka-news

Wenn man jedoch das Pfandleihhaus-KA in der Röckl-Passage betritt, ist man fast enttäuscht ob der Seriosität, die einem dort entgegenschlägt. Keine Spur von korrupten Frackträgern, die Omas Schmuck in einem verwinkelten Tresor aufbewahren oder zahnlosen Gestalten, die ihr letztes Hemd gegen Geld einlösen.

„Wer hierher kommt, hat immer ein Geldproblem.“

Stattdessen tritt einem am Empfang Heinz Schmalzried in Jeans und Tshirt entgegen, der durchtrainierte und gesprächsfreudige Betreiber des Pfandleihhauses. Während die Telefonleitung heiß läuft und hin und wieder Kunden bedient werden müssen, gibt er bereitwillig Auskunft über sein Gewerbe. „Wer hierher kommt, hat immer ein Geldproblem.“

Gerade nähert sich eine junge Frau und legt ein paar Ohrringe auf die Theke. Sie ist eine gute Kundin, hat bereits viele Pfänder in der Karlstraße, und Schmalzried vertraut ihr. „Wenn ich mir sicher bin, dass die Leute ihr Pfand wieder abholen, dann runde ich schon mal auf“, erklärt er.

„Wir leben von den Zinsen“

Oft muss er mit den Kunden diskutieren, wieviel Geld für den mitgebrachten Schmuck über den Ladentisch wandern soll – denn die meisten benötigen mehr, als ihr Pfand wert ist. Genau wie die junge Frau: Mehr als 1.000 Euro bräuchte sie, der Schmuck ist jedoch nur knapp 300 wert.

„Unser Gewerbe gibt es schon, seit es Geld gibt.“ Bereits die Augsburger Unternehmerfamilie Fugger habe im 15. Jahrhundert mit ihren Pfandleihen königliche Kriege finanziert. „Wir leben von den Zinsen“, sagt er nüchtern. Wenn man nicht auf den Kopf gefallen sei und etwa 300.000 Euro Startkapital aufbringen könne, werde das Risiko recht gering.

Denn die Pfandleihe sei zwar stark abhängig vom Goldkurs und von der Wirtschaftslage – aber Leute mit Geldproblemen gebe es immer.

„Mir ist egal, was die Schufa von meinen Kunden weiß“

Vielleicht, weil es denkbar einfach funktioniert: Während die Bank ihre Kunden auf Herz und Nieren prüft, braucht der Pfandleiher lediglich Namen, Adresse und die Personalausweisnummer. „Mir ist egal, welchen Beruf meine Kunden haben, was die Schufa von ihnen weiß oder was in ihrem polizeilichen Führungszeugnis steht“, betont Schmalzried.

„Mir ist wichtig, dass sie mir zuverlässig vorkommen.“ Wenn er das Gefühl habe betrogen zu werden, schicke er die Leute weg. „Ehrlich gesagt kann ich mir aussuchen, von wem ich Pfänder annehme“, sagt er knapp. Schmalzried kann man nichts vormachen.

Erst gestern habe hingegen ein äußerst seriöser Geschäftsmann seinen Sportwagen verpfändet, weil er bei seinen Lieferanten nicht in Zahlungsrückstand geraten wollte. Sobald sein nächster Auftrag über die Bühne geht, wird er ihn wieder abholen.“Dafür nehme ich vier Prozent Zinsen im Monat.“ Ein Prozent davon entspricht dem gesetzlich vorgeschriebenen Zinssatz, drei Prozent sind Darlehensgebühren.

Was nicht abgeholt wird, versteigern die Pfandhäuser

Die Abholrate beträgt insgesamt etwa 75 bis 80 Prozent, schätzt Schmalzried. Bei Autos und Motorrädern liege sie bei fast 90 Prozent, Schmuck werde nur in 70 bis 75 Prozent der Fälle abgeholt.

Was liegen bleibt, geht nach der abgelaufenen Frist in die Versteigerung – wo der Pfandleiher natürlich keinesfalls Verluste machen sollte. „Das ist zum Glück erst einmal passiert“, erzählt Schmalzried. „Ich rechne schon beim Beleihen immer mit dem „worst case“, um mich abzusichern.“

Welche Kuriositäten erlebt denn ein Pfandleiher? „Wenn es sein muss, schlage ich sogar Goldzähne aus Omas Gebiss.“